Als ich 2003 mit einem Haus in Bergisch Gladbach auch den zugehörigen Garten erwarb, hatte ich noch die übliche Vorstellung, dass hier Rasen und Blumen wachsen sollten. Nur einen bereits bestehenden Teich vergrößerte
ich etwas und besorgte von einem Aquarienvereinsmitglied überzählige
Wasserpflanzen wie Krebsschere, Froschlöffel und Fieberklee.
Nachdem ich einige Jahre hauptsächlich mit dem Entfernen der nicht
einheimischen Gehölze Kirschlorbeer und Lebensbaum zugebracht hatte, kam
2006 dann der große Umbruch: Wegen der Entfernung einer Gartentreppe grub
ich einen Teil des alten Rasens um und säte eine Wildwiesenmischung ein.
Das Ergebnis war überwältigend:
ein massenhaftes Auftreten der Heidenelke (Dianthus
deltoides). Begünstigend war, dass der Boden sehr sandig ist und
nicht gedüngt wurde. Nach und nach legte ich Gemüsebeete an und merkte,
dass mit der Bearbeitung des Bodens plötzlich roter Klatschmohn, gelbe
Färberkamille und lila Oreganum und Nachtviole wie aus dem Nichts
erschienen. Sie waren wahrscheinlich als Samen im Boden vorhanden, denn
mir sind in den vorwiegend steril gepflegten Gärten des näheren
Umkreises keine Vorkommen bekannt.
Ließ ich ein Beet im Zuge des Fruchtwechsels
einmal brachfallen, stellten sich überaus bunte Brachgesellschaften mit
überwiegend windverbreiteten Arten wie Königs- und Nachtkerze, Wasserdost,
Distel und Wiesenpippau ein.
Damit einhergehend summte und brummte
es immer mehr im Garten, von Rosenkäfer zu Schwalbenschwanzraupen,
Feechen, Schwebefliegen und Wildbienen fanden sich zahlreiche
tierische Bewohner ein. Diese Nützlinge sorgten auch dafür, dass mit
Ausnahme von Lauchminierfliegen (siehe Gemüseartikel) nie größerer
Schädlingsbefall an den Gemüsekulturen auftrat.
Zu diesem Zweck ließ ich an den Beeträndern
alles stehen, was mir für Insekten und Menschen attraktiv schien. Auch die
Vögel fanden nun reichlich Nahrung; Meisen dezimieren im Sommer die
Blattläuse und farbenprächtige Distelfinken nutzen im Winter
stehengelassene Samenstände.
Durch die Aufteilung in Beete kann man jedes
Jahr die Gemüsesorten wechseln und so verhindern, dass Bodenkrankheiten
und -ermüdung vorkommen.
Weitere Lebensräume wurden durch die Entfernung von alten Gehwegplatten
geschaffen. Sie dienen nun als Fundament für einen Holzbackofen und gaben
Raum für strukturelle Vielfalt in Form von Sonnenblumenhecke und
Spargelreihe. Im Zusammenspiel mit der Konkurrenz zwischen den verschieden
angepassten Pflanzen sorgt dies für eine Vielzahl von Lebensraumnischen.
Eine wegweisende Veränderung erfuhr der Garten mit der Haltung von einem Hahn mit sechs Hennen. Diese können sich etwa zur Hälfte von Insekten, Würmern und Pflanzen ernähren. Im Sommer sind sie auf der ehemaligen Wildwiese eingezäunt, während ihnen im Winter der gesamte Garten zur Verfügung steht und sie fleißig mit Umgraben der Beete und Vertilgen von Wildkräutern beschäftigt sind. Nebenbei liefern sie noch Dünger und Eier mit orangenen Dottern.
So entstand wie von Selbst ein naturnahes Kreislaufsystem, wo Pflanzen mit Hilfe der Sonne Nahrung für Tiere und Menschen produzieren und das Verbrauchte über den Boden wieder zurückgeführt wird. Dies entspricht den Grundsätzen der Permakultur, bei der sich der Gärtner nur lenkend an den Gegebenheiten orientiert und mit der Natur harmoniert.
Steuerung bedeutet natürlich auch Arbeit,
aber diese ist ungleich resourcenschonender als bei der konventionellen
Bewirtschaftung. So muss z. B. in bestimmten Bereichen auch Unkraut
gejätet werden, aber mit dem richtigen Vorgehen zum passenden Zeitpunkt
beschränkt sich das auf ein überschaubares Maß. Dieser Artikel ist das
Vorwort zu vielen praktischen Anleitungen, die hier folgen werden.
Naturgarten e. V.
Hortus rusticus